Mittwoch, 27. Januar 2010

Ehrbarer Kaufmann II

Da ist man sich in Davos beim World Economic Forum wohl sehr einig, dass die Debatte um eine neue / anderer / ernstere globale Wirtschaftsethik notwendig ist. Prof. Christopher Jahns, Präsident der European Business School hatte gleich zu Beginn des Jahres einen Global Sourcing Code gefordert, der an dieser Stelle bereits kommentiert wurde. Seine jugendhaften Mitstreiter vom Forum of Young Global Leaders, der Nachwuchsorganisation des WEF, gehen aktuell noch einen Schritt weiter.
Das Davoser Gelöbnis appeliert an die Verantwortung und die Vernunft jedes einzelnen Managers. Der Schwur wirkt stellenweise etwas kitschig und der Fokus auf die globale Elite der Leader nervt leicht. Spannend ist der Einsatz von Mitmachwebtechnologien wie YouTube, Twitter, Facebook und Co. Wer sich traut, kann seinen Schwur gleich mit der Kamera aufnehmen und mit Blut besiegelt online stellen. Wenn das für den einen oder anderen nicht später mal nach hinten los geht...
Ich schwöre auf jeden Fall schon mal...

Donnerstag, 21. Januar 2010

Strategie

Die Zeit vor und nach dem Jahreswechsel ist in der Regel gut geeignet, Einkäufer und Supply Chain Manager nach Ihren Plänen und Zielen für das kommende Jahr zu fragen. Von 2008 auf 2009 lautete krisenbedingt die gängige Antwort etwa wie folgt:
Keine Ahnung was noch alles kommt, erstmal geht es ums Überleben. Pläne machen wir für die Zeit danach und für eine Strategie haben wir keine Basis (weder in Einkauf oder SCM noch im ganzen Unternehmen).
Jetzt ist die Krise vorbei und man redet von einer neuen Realität. Trotzdem sind die Antworten ähnlich. Eine echte Strategie zum Beispiel für den Einkauf bekommt man sehr selten zu hören. Und damit meine ich natürlich nicht, dass der Einkauf in 2010 auch wieder die Kosten senken muss. Die Frage ist doch eben nur wie er das tun will und wie er seine Organisation dazu aufstellt, wie er seine Mitarbeiter entsprechend schult und führt, wie er die Schnittstellen zu internen Funktionen gestaltet und wie er sein Lieferantenportfolio entwickeln will. Tatsächlich geht es doch nicht um die Kostensenkung heute sondern um die Wettbwerbsfähigkeit der Lieferkette bzw. der Wertschöpfung in 3 - 5 Jahren.
Zu dieser Aufgabenstellung fehlen schlicht Antworten und Methoden, eine Strategie erstens zu entwickeln und zweitens auch zu Resultaten zu führen. Wenn Einkauf und SCM weiter so arbeiten, dann wird es nichts mit der verbesserten Wahrnehmung des Einkaufs im Management.
Ein wesentlicher Grund dafür ist sicherlich ein fehlendes Verständnis des "Systems" Einkauf / Supply Chain Management. Tatsächlich ist die Frage, wofür der Einkauf und die Supply Chain im Unternehmen stehen, in der Regel unbeantwortet. Gängige Linear-kausale Management-Modelle zum Beispiel in klassischen Prozesshäusern geben diese Antwort nicht. Lösungen werden sich erst finden, wenn kybernetische Lösungsmodelle genutzt werden.

Dienstag, 5. Januar 2010

Der Supply Chain Manager als ehrbarer Kaufmann...

In Hamburg gibt es seit 1517 als Institution der kaufmännischen Selbstverwaltung die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e. V.  Diese sollte ursprünglich „alles Notwendige zu des Kaufmanns Nutzen fördern und Nachteile verhüten“. Aus Ihr entstanden über die Zeit z.B. die Hamburger Börse und sie war auch der Vorgänger der heutigen Handelskammer Hamburg. Das aktuelle Leitbild dieser traditionsreichen Vereinigung Hamburger Pfeffersäcke bewertet die Frage von angemessenem wirtschaftlichen Erfolg unter anderem so:
Rücksichtsloses Verhalten von Unternehmern oder Managern akzeptiert die Gesellschaft nicht. Dauerhafte Anerkennung erhält die Unternehmerschaft nur dann, wenn der individuelle Gewinn im Einklang mit der Leistung für Unternehmen und Gesellschaft steht.
Grob vereinfacht heist das also rücksichtsloses Verhalten ist OK, es sei denn man wünscht sich Anerkennung von der Gesellschaft. Echte ethische Grundsätze sehen anders aus auch wenn der kaufmännische Trieb der Hanseaten Hamburg zu einer weltoffenen, reichen und erfolgreichen, stellenweise auch gerechten Stadt gemacht hat.

Prof. Christopher Jahns, Präsident der European Business School, fordert in einem aktuellen Interview der Wirtschaftswoche neben "Mehr Fairness" und unter Verweis auf eben jenen ehrbaren Kaufmann:
"Wir brauchen einen Global Sourcing Code, der die Gebote der Nachhaltigkeit in den Köpfen der Einkäufer verankert."
ach so... Aber wäre es nicht hilfreich, zunächst die Gebote der Nachhaltigkeit in den Köpfen der Unternehmensleitung zu verankern? In der überragenden Anzahl der Unternehmen ist Supply Chain Management den anderen grossen Systemen Kundenbeziehungsmanagement und Produktlebenszyklusmanagement in Bezug auf Wahrnehmung und Relevanz deutlich nachgelagert. Für die Strategieentwicklung gilt das noch mehr.
Fairness ist eine gute Idee. Ein Global Sourcing Code ohne Global Sales Code oder Global Lifecycle Code ist nicht mehr als die nächste Sau im globalen Beraterdorf. Was tatsächlich fehlt ist die Debatte über Fairness oder über ein globales Wirtschaftsethos wie Sie zum Beispiel derzeit vom Theologen Hans Küng in der Zeit geführt wird. In dieser Diskussion können Einkäufer und Supply Chain Verantwortliche einen Beitrag leisten und vielleicht sollten Sie es auch stärker tun, bevor Prof. Jahns und Brainnet das für uns alle machen.
Ach so, der Unterscheid zwischen einem ehrbaren Kaufmann aus Bremen und dem aus Hamburg? Beide würde Ihnen Ihre Grossmutter verkaufen - der Hamburger Kaufmann würde sie sogar pünktlich liefern.