Sonntag, 10. Juli 2011

Claim Management - Jetzt geht's los!

240.000,- € Schaden, gesperrte Lieferungen auf dem Hof, die Maschine steht – wer macht hier eigentlich jetzt was, wer ist wofür verantwortlich, wo sind die Unterlagen, wer weiß etwas über den Vorgang, was ist davon dokumentiert, wird hier überhaupt korrekt abgerechnet, welche Rechte haben wir, hatten wir überhaupt einen nachweisbaren Schaden, wie hoch ist der, was ist mit dem Einmaleins des Vertragsrechts, gilt UN-Recht oder BGB / HGB?

So schlimm ist es in den meisten Fällen nicht. Die grundsätzlichen Fragen dahinter werden aber deutlich: Welche Kosten entstehen, wenn Lieferanten nicht so leisten wie vereinbart? Und wie ist das Thema Claim-Management grundsätzlich aufzubauen – damit Fehler auch in der operativen Hektik an die Verursacher weitergereicht werden können und eben nicht zu Margenkillern werden. 

Die Kosten sind davon abhängig, wie überrascht ich davon bin, dass der Lieferant sein Leistungsversprechen nicht einhalten kann. Lagerbestände, frühzeitige Prüfungen in der Wertschöpfungskette und Notfallpläne können diese Risiken respektive Kosten – zumindest vorhersag- und steuerbar halten. Sinnvoll ist die gesamte Supply Chain im Blick zu haben und auch die vertriebsseitigen Vertragsstrafen zu kalkulieren.

Für das Claim-Management wesentlich sind dann die Handlungsoptionen im Schadensfall. Und die bestimmen sich weitgehend danach, welche Voraussetzungen in der Organisation vor dem Schadenseintritt geschaffen wurden.
Heute können schätzungsweise bis zu 60% der Schadenskosten aufgrund von Fehlern der einkaufenden Unternehmen nicht an die schadensverursachenden Lieferanten weiterbelastet werden! Ursache ist, dass Lieferanten das Fehlerpotential aufgrund mangelnder Spezifikation oftmals nicht vermeiden konnten, keine tragfähigen Dokumenten- und Beweislagen vorliegen und im Claim-Ablauf Verfahrensfehler gemacht werden.



Sicherlich ist die Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen im Einzelfall abhängig von den Marktmachtverhältnissen (Käufer-, Verkäufermarkt), der Marge und oder den Zukunftserwartungen der Lieferanten. Prinzipiell sollte die Ergebnisleistung des Lieferantenportfolios allerdings nicht von der Kulanz der Lieferanten abhängen.

Und damit kommen wir dann wieder zu unserem grundsätzlichen Verständnis von Organisations- und Prozessabläufen. Nur in der vollumfänglichen Betrachtung aller beteiligten Handlungsfelder lassen sich die Fehler sowohl in der eigenen Organisation als auch beim Lieferanten minimieren. Das beginnt mit der Einkaufsfrüheinbindung, dem vollständigen Transfer der eigenen Anforderungen an die richtigen Lieferanten, einer sauberen Vertragsbasis und einem nachvollziehbaren Reklamationsablauf. Sollte dann doch mal etwas schiefgehen liegen Sachverhalte und Anspruchsgrundlagen für die Verhandlung vor.

Am Ende steht: Claim Management ist heute meist lückenhaft und ohne Systematik. Es birgt Ebit-Risiken, bietet aber auch große Potentiale. Claim Management ist weit mehr als AGB und beginnt deutlich vor der ersten Bestellung. Kostengünstiger und erfolgversprechender als die Durchsetzung von Claims ist immer ihre Vermeidung.

Und das ist final erfolgreicher, wenn von Anfang an in klaren Strukturen und Abläufen gearbeitet worden ist.

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