Donnerstag, 20. September 2012

Messebericht Husum Windenergy 2012

Diskussion hin oder her, Husum ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Die graue Stadt am Meer hatte auch in 2012 alles aufgefahren, was zu einem Messeerlebnis gehört. Das rückwärtige Anschleichen über die A7 statt der A23 brachte auf jeden Fall Entspannung bei der Anreise. Die benötigt man natürlich auch, um den versammelten Widrigkeiten (nein , hiermit sind weder Aussteller noch Besucher gemeint) zu trotzen. In chronologischer Abfolge machte sich zuerst deutlich, warum der Trend zum Zweitgeländewagen geht. Politisch nicht ganz korrekt für die Windbranche aber für den Parkplatz auf dem Husum Airfield unerlässlich. Wohl dem, der Jäger ist, da hat man dann auch gleich die Gummistiefel im Auto. Sehr praktisch. In Ermangelung sowohl der einen als auch der anderen Utensilie und dermaßen schlecht ausgestattet machte ich mich also auf den Weg zur Shuttle-Experience. Die Organisatoren haben sich eine perfide Verkettung von Klein- und Linienbussen ausgedacht, die sie in wirrer Choreografie auf dem militärischen Sperrgebiet patrouillieren lassen. Vielleicht von Stockhausen inspiriert - Zwölftonarrangement für MAN und Evobus. Ich ignorierte heldenhaft die erste Haltestelle, an der kurz vor zehn schon eine gute Hundertschaft Pilger warteten und machte mich auf in Richtung Haltestelle C. Eine gute Wahl. 10 min und drei Kleinbusse später wurde ich schon bis zum Shelterpark chauffiert - wo wir - gerade nachdem ich eine gemütliche Position mit Ausblick durch die Fahrertrennscheibe gefunden hatte - schon wieder aus dem Shuttle geworfen wurden. Es galt, einen größeren Bus zu entern, was Sinn macht. Soll sich keiner beschweren, dass es in Husum zu kalt ist - immer schön in Bewegung bleiben. Zwischenfazit: Von Hamburg in nur 2,5 Std. bis zum Haupteingang HUSUM WINDENERGY - nicht schlecht. Damit sich aber nun keine Entspannung einstellt, die spannende Gespräche verhindert, hat sich Husum noch viel Besseres einfallen lassen. Man merkt, dass hier der Mensch noch im Mittelpunkt steht. Dazu hat man extra das Mobilfunknetz so weit heruntergefahren, dass gleichzeitig nur eine Person telefonieren kann, keine Emails geladen oder gesendet werden können und nur SMS-Kontakt möglich ist. Mir ist es nach mehr als zwei Stunden dann doch gelungen, mich mit meinem Gesprächspartner am Telefon in mieser Sprachqualität zu verabreden. In der Zwischenzeit lernt man viel über Menschen und Menschlichkeit sowie Organisationstalent. Einige O-Töne: "Ich wollte eigentlich zur Toilette, aber bei der Schlange verkneife ich mir das noch eine Stunde." "...wir haben einen ganzen Meetingraum für unsere Gespräche bekommen..." "...ja der läuft hier irgendwo rum, aber ich kann ihn nicht erreichen..." "...wo bist Du im Hotel? In Kiel..." Das Gute ist, dass die Messe so klein ist, dass man sich kaum verfehlen kann - hier haben die Nostalgiker recht. Der Besuch am Mittwoch laut Ausstellermeinung auch positiv, Dienstag war wohl eher zum Vergessen. Da Donnerstag und Freitag meistens auch zum Vergessen sind, ergäbe sich hier noch Einsparungspotenzial... Auch bei den Scan-Boys und -Girls (an jedem der vielfältigen Ein- / Aus- und Durchgänge muss die Eintrittskarte gescannt werden, da ja auch öffentliche Straßen über das Gelände führen) gibt es Verbesserungspotenzial - zum Nachmittag traten deutliche Abnutzungserscheinungen in der Motivation auf ("...kann ich Mal ihr Schild sehen - ach gehen Sie durch..."). Kurzes Essen-Check: Neben der fröhlichen Dong-Maschinerie die kostenlose Hotdogs aus Bauchläden verteilte gab es auch Traditional "German Curry" Wurst, Fisch- oder Krabbenbrötchen und Schnitzelburger. Super, nicht anders zu erwarten. Aber auch hier noch Extra: Bude im Matsch. Wer also seine Schuhe schon wieder trocken hatte, konnte hier nachlegen. Wenn die Robustheit der Anlagen ein Hauptthema sind, gilt es auch für die Messe zu beweisen, dass man den Unbilden trotzen kann. Und hat extra ein Tiefdruckgebiet mit Hageleinschlag aufgefahren. Respekt. Führt auch zu andächtigen Erlebnissen, da man sich während der Hagel- oder Regenschauer in den Zelten nicht wirklich unterhalten konnte. Zwangsmeditation irgendwie. Oder Knoppers-Pause (gibt's die noch?). Jedenfalls wie die Industrie selbst noch auf der Suche nach der Industrialisierung bzw. Professionalisierung. Egal - ansonsten sprach alles für Husum. Na gut, es waren nicht alle da, manche hatten wohl auch das Geld nicht mehr, und der allgemeine Tenor war auch in etwa halbe halbe: "2014 nicht mehr" oder "naja, 2014 vielleicht noch, aber 2016 nicht mehr". Tschüß Husum, bis zum nächsten Mal (oder so).

Mittwoch, 5. September 2012

Da lacht also der Einkäufer...

Die allseits geschätzte Onlineausgabe der noch mehr geschätzten Beschaffung Aktuell erfreut mit einem Witz. Im Editorial sieht man es als gutes Zeichen, dass nun sogar auch der Einkauf eigene Witze erhält. Das wird als Zeichen der Anerkennung oder Normalisierung bewertet, wenn neben Blondinen und Ostfriesen und vielen anderen Berufsständen (Ingenieure, Berater, Bäcker, ...) nun auch der Einkauf auf die Schippe genommen wird. Auf der anderen Seite definiert das Humorniveau nicht auch selten soziale Zugehörigkeiten und grenzt somit ab, aus oder ein.
"Ein schwäbischer Astronaut bereitet sich auf seinen Flug ins All vor. Kurz bevor er die Raumfähre betritt, gibt er ein Abschlussinterview. Ein Reporter stellt ihm die obligatorische Frage: „Wie fühlen Sie sich?" Der Astronaut schweigt einen Augenblick, seufzt dann und sagt: „Ja Gott, wie soll ich mich fühlen? Ich weiß, dass ich auf 100.000 Teilen sitze, die alle von Firmen stammen, die das niedrigste Angebot abgegeben haben."
Was sagt also der endlich - nach jahrelanger Recherche - gefundene Witz über Einkäufer aus? Oder sagt er etwas über Schwaben, Astronauten oder Reporter? Hat überhaupt jemand gelacht? Der Witz holpert irgendwie, irgendetwas stimmt nicht am Stil. Die Beschaffung Aktuell hat den Witz ja auch nur gefunden in der Zeitschrift Schönes Schwaben 6/12 (Schwerpunkt Juni: Wie berauscht - Schwäbisch Gmünd feiert ein Jubiläum wie noch keines). Aber die Schönen Schwaben haben ja auch nur geklaut und schlecht kopiert aus Hollywood (Armageddon, 1998):
"Rockhound: You know we're sitting on four million pounds of fuel, one nuclear weapon and a thing that has 270,000 moving parts built by the lowest bidder. Makes you feel good, doesn't it?"
Und irgendwie bin ich sicher, dass auch die Schreiberlinge in Hollywood das irgendwo ausgegraben haben, im Zweifel in Homers Odyssee.

Was sagt das nun also genau?

  • Die Beschaffung Aktuell nimmt es mit der Quellenprüfung online nicht so genau (siehe auch Leistungsschutzrechtdiskussion)
  • Die Schönes Schwaben offline ebenso, nennt dann aber auch wenigstens die Quelle nicht
  • Der Editorialist denkt, dass Einkäufer über schlecht gemachte Witze lachen.
  • Einkäufer haben keine eigenen Witze

Donnerstag, 5. Juli 2012

47. Symposium Einkauf und Logistik Mottoshow

Die Mottoshow des BME geht weiter fröhlich ihren Gang. Für das 47. Symposium Einkauf und Logistik im Herbst in Berlin hat man sich wieder etwas ganz tolles einfallen lassen:

  • Souverän agieren

Wem da nicht sofort "... bei totaler Unkenntnis" einfällt, dem ist nicht zu helfen. Aber so hat man das wohl nicht gemeint. Eher im Sinne von Selbstbestimmt vielleicht? Oder ist das gar nicht als Adverb zu verstehen und der BME will das Einkäufer als Souverän "über allen steht"? Im Begleittext versucht der BME, sein Motto mit Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung zu erklären:
Souveränität ist gefordert bei der nachhaltigen, intelligenten Optimierung der Beschaffungskosten und der Absicherung der Lieferquellen insbesondere in der Rohstoffversorgung.
Souveränität ist laut Wikipedia "Ein Zustand von Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit, im Gegensatz zur Fremdbestimmtheit." Das kann ja wohl wirklich kein zukunftsfähiges Motto für den Einkauf in einer Zeit sein, in der funktionsübergreifend und ganzheitlich Wertschöpfung optimiert werden muss. Entweder also ist ist das nur eine Worthülse aus dem Buzzword-Bingo oder der BME ist nur eine Standesvertretung für verbeamtete Einkäufer.

Immerhin hat sich der BME an meine Interpretation des Mottos vom letzten Symposium gehalten, und bestätigt den Trend zu deutschen Titeln. Nur leider mit der Rhythmik hat es dieses Mal überhaupt nicht geklappt.

Dienstag, 3. Juli 2012

Einkaufsmanagerindexhinundher

Als Frühindikator sind Einkaufsmanager ja beliebt oder auch gefürchtet. Die Financial Times Deutschland widmet sich heute jedenfalls gleich in zwei Artikeln ("Globaler Stimmungsabfall in der Industrie" und in der Rubrik "Das Kapital": "Auf solche Umfragen kann man bauen") den neuesten Entwicklungen hierzu. Im ersten Artikel wird die globale Enwicklung der Einkaufsmanagerindizes aufgegriffen und damit verbunden Trübsal geblasen zur Wirtschaftsentwicklung, den Auftragseingängen und dem Anstieg der Arbeitslosenzahl. Im gleichen Blatt wird darauf verwiesen, dass zwei Indizes von verschiedenen Instituten, die den gleichen Fokus haben (US Industrie) zu völlig unterschiedlichen Aussagen kommen (52,5 vs. 49,7). Das ist ungefähr so, als würde man im Casino auf Rot und Schwarz gleichzeitig setzen, um auch irgendwie recht zu haben. Dumm nur, wenn die Null kommt.

Mittwoch, 27. Juni 2012

KPMG & Brainnet

Lustig. 15 Jahre nach dem Beginn der Abspaltung der Unternehmensberatung von der Wirtschaftsprüfung bei KPMG dreht sich das Rad der Geschichte zurück. Anstatt BearingPoint zurückzuholen kauft KPMG Brainnet und setzt den Trend zur erneuten Integration von Beratung und Prüfung fort. Bis das der nächste Flowtex / EBS Skandal kommt und alles wieder zurück gedreht werden kann.
Steueroptimiertes Supply Chain Design ist also das nächste grosse Ding; vergessen sind Best Cost Country Sourcing und Green Logistics und wie die anderen Säue alle hiessen. Es bleibt also spannend!

Dienstag, 8. Mai 2012

Systemcheck Einkauf

Im Prinzip gilt, dass klassische, daten- und kennzahlenorientierte Analyseformen im Einkauf richtig sind und in der Regel auch viel zeigen können. Das was heute eingekauft wird, sortiert in Materialgruppen und oder Lieferanten, geordnet nach ABC-Einkaufsvolumen und möglicherweise nach dem Grad des Versorgungsrisikos. Vielleicht auch Leistungsgrößen des Bestellprozesses und Effizienzkennzahlen der Einkaufsorganisation. Alles ist wie gesagt wertvoll und schafft Transparenz und Orientierung. „Das ist die Situation und das wollen/ müssen wir jetzt machen!“ Sehr verkürzt dargestellt. 

Am Ende ist das Vorgehen aber vergangenheitsorientiert und nur aus der Einkaufsperspektive gesteuert. Wir haben so und so viele Lieferanten zu viel, hier sind wir versorgungskritisch und dort müssen die Prozesskosten runter. Die Aussagen sind richtig, aber nicht vollständig. Wirklich strategisch steuerungs-relevante Informationen kommen für den Einkauf doch aus ganz anderen Richtungen. Das sind unternehmensstrategische Überlegungen und die Anforderungen und Vorhaben der vor- und nachgelagerten Abteilungen. 

Daraus ergeben sich dann die tatsächlichen zukünftigen Ansprüche an die Einkaufsorganisation und die zukünftigen Leistungserwartungen an das Lieferantenportfolio. Stichworte können sein, Organisation und Lieferantenportfolio zu internationalisieren, Innovationen einzukaufen, Einkaufsdienstleister zu integrieren und oder time-to-market von Entwicklungsprojekten zu verkürzen. 

Und damit stehen neben Versorgungs- und Kostenthemen sehr stark der Veränderungsbedarf und die Veränderungsfähigkeit der Einkaufsorganisation und seiner Mitarbeiter auf der Agenda. Perspektive und Thema sind also deutlich größer und es geht nicht mehr nur um die einzelne Beschaffungsstrategie in einer bestimmten Materialgruppe. Eher darum, mit welchen Veränderungen die heutige Einkaufsorganisation zukünftig zu intelligenten Beschaffungsstrategien kommen, und diese dann auch noch zum Beispiel in Indien umsetzen kann. 

Aus unserer Sicht handelt es sich letztlich um vier relevante Grundfragen, die in der Einkaufsorganisations-analyse mit allen Beteiligten zu klären sind.


 

Welchen Beitrag soll der Einkauf zukünftig leisten?
Der Einkauf ist Dienstleister und muss wissen, wann und wo er wirksam sein kann; der Einkauf muss dabei Teil der Lösung sein. Es muss für alle klar sein, was ist am Ende sein Auftrag und wofür übernimmt der Einkauf die Verantwortung! Die Fragen sind: „Wie wird der Beitrag des Einkaufs heute wahrgenommen?“, „Was soll der Einkauf zukünftig leisten?“ und „Funktioniert das System, um von internen Anforderungen zu Anforderungen an die Lieferkette zu kommen?“
 
Ist der Einkauf an seinen zukünftigen Aufgaben ausgerichtet? 
Es geht um Menschen, Ihre Fähigkeiten und darum sie zu motivieren; Stärken in Wirksamkeit überführen; Schwächen bedeutungslos machen. Die Fragen sind: „Kann der Einkauf sich auf neue Themen einstellen?“ und „Funktioniert das System, um Aufgaben mit Stärken wirksam zu kombinieren?“ 

Ist der Einkauf dabei auf Weniges und Wesentliches konzentriert? 
Nicht mehr alles und jedes machen! Konzentration auf die relevanten Prozesse und wichtigen Ergebnisse! Die Fragen sind: „Worauf konzentriert sich der Einkauf heute?“, „Sind die Aufgaben intern und in der Lieferkette richtig? Heute und zukünftig?“, „ Funktioniert das System, um zu erkennen was Wenig und Wesentlich ist?“ 

Orientiert sich der Einkauf an seinen Resultaten?
Resultate kann man immer messen; Ergebnis erreicht – nicht erreicht? Was sieht der Einkauf heute? „Was heißt Transparenz?“ beziehungsweise „was muss transparent werden?“ und „Funktioniert das System, um von Strategien zu Ergebnissen zu kommen?“ Am Ende ist das ein Thema der Führung.

Montag, 16. April 2012

Procurement meets Social Media


Schön, dass die beiden sich treffen wollen! Leider scheinen sie sich nichts zu sagen haben.







Da hatte ich mir irgendwie mehr von versprochen, als die netten Kollegen von h&z in der Einkäuferpostille ihre aktuelle Studie angekündigt haben.


Auf der anderen Seite auch Clever. Wenn es nichts zu sagen gibt, einfach mal einen Twitter Account anlegen, der nichts zu sagen hat...  

Freitag, 16. März 2012

Internationalisierung ist ein hartes Geschäft!

Den richtigen Zeitpunkt für den Aufbau eigener Strukturen in einem Schwellenland gibt es nicht! Treibende Kräfte sind oftmals Kunden, deren Supply Chains global aufgestellt sind, interessante Absatzmärkte oder Kostennachteile aufgrund hoher Importzölle. Auch die Reihenfolge von Lokalisierungsschritten ist selten gleich. Ob über ein Einkaufsbüro zur eigenen Fertigung oder vom Vertriebspartner über ein Joint Venture zum eigenen Montagestandort: Unserer Erfahrung nach spielt da auch oft Zufall mit.

Mit dem Schritt in den Aufbau eigener Wertschöpfung springt die eigenen Komplexität jedoch eigentlich immer sprunghaft an. In der Regel wird der Versuch unternommen, gelebte und erfolgreiche Prozesse 1:1 zu übertragen. Dieses wird jedoch – nicht nur wegen kultureller Unterschiede – zum Problem. 

Struktur und Steuerungsregeln des etablierten Lieferantenportfolios sind in der Regel Ergebnis eines jahrelangen Prozesses. Sie sind trotz aller theoretischen Gemeinsamkeiten nicht übertragbar auf neue Märkte mit unbekannten Strukturen. 

Die Anforderungen an die interne Kooperation werden extrem gedehnt. Es treffen Organisationen und Funktionen mit völlig unterschiedlichen Reifegraden, Kulturen und auch Zielen aufeinander. 

Transparenz bekommt eine neue Dimension: Dokumentation von Prozessen und Abläufen, Zeichnungen und Prüfvorschiften sowie Stammdaten müssen vollständig verfügbar sein, sind es aber in der Regel nicht. Nur eine etablierte Struktur kann das durch Erfahrung ausgleichen.

Ein Effekt ist zudem nicht zu unterschätzen. Der Reifegrad einer neuen Organisation in einem Schwellenland ist in der Regel nicht kompatibel zu dem Reifegrad ihrer eigenen Prozesse! Wie unsere Erfahrung zeigt, stellt daher nur eine einfache Vorgehensweise sicher, dass lokale Strukturen nicht überfordert werden. Nutzen Sie die lokale Expertise Ihrer neuen Wertschöpfungsstrukturen, eine erfolgreiche Kooperationen bedeutet in diesem Fall Lehren und Lernen. Und - für das Einführen Ihrer Standardprozesse bleibt nach erfolgter Organisationsentwicklung immer noch Zeit.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Risikomanagement im Einkauf

Philipp schreibt im letzten Pleyma Materialpreisrundbrief zum Thema Risikomanagement:
Risikomanagement in Supply Chains ist anstrengend und wenig sexy! Trotzdem werden es Unternehmen natürlich nicht vermeiden können, sich mit Risiken in ihren Supply Chains zu beschäftigen.
Ohne Zweifel ist Risikomanagement etwas, mit dem man abends an der Bar nicht gross raus kommt und ein Thema, mit dem auch auf der CEO-Agenda wenig zu holen ist. Angst ist in der Regel kein guter Verkäufer. Zu den vielen guten Gründen, trotzdem sinnvoll und mit Augenmass in Risikomanagement zu investieren wie von Philipp beschrieben, kommt nach Meinung von  ein wesentlicher weiterer hinzu:

Many businesses look at supply chain risk, but the focus tends to be limited to their immediate suppliers’ financial viability and ability to deal with local catastrophic events. This is missing an opportunity as effective risk management is based on already identified options for a wide range of potential problems, from logistics issues to commodity shortages and demand spikes to second-tier supplier problems.Taking a comprehensive view of inbound supply chain risk means taking a longer-term view, accepting that ‘bad’ things will happen, and making sure your business is in a better position than competitors when it does. Typical benefits include more robust supply chains, improved service levels, better product launches and reduced focus on non-value adding crisis resolution. It is well worth taking a few hours to take a few steps back and consider how well your inbound supply chain is equipped to deal with the unexpected.
 Ein Blick auf das Ganze, über kurzfristige Aktion hinaus ist eigentlich immer hilfreich. Beim Risikomanagement kann er also sogar zu Chancenmanagement werden. Das hört sich auch gleich viel besser an!

Freitag, 3. Februar 2012

BME Value Days IV

Die Veranstaltungsreihe des BME zum Thema Value Management hat sich mittlerweile als Treffpunkt für Berater und Toolanbieter zum Enterprise Costing etabliert. Nach Stationen bei Claas, Miele und BMW haben die Verantwortlichen dieses Jahr Puma in Herzogenaurach als prominenten Bereitsteller einer Veranstaltungslocation ausgewählt. Und damit die Teilnehmerzahl des letzten Jahres mal eben halbiert.
Das wird eher an den Inhalten der diesjährigen Veranstaltung und der hohen Relevanz des letztjährigen Veranstalters für seine Zulieferer gelegen haben. Das PUMA Brand Center jedenfalls war so modern, hip und designlastig wie sich moderne Markenkommunikateure heute eben solche Zentralen vorstellen. Und bis auf die Tatsache dass es nur beschwerlichen Zugang zum WLAN gab und die zwei (!) Kaffeevollautomaten für 300 Einkäufer zu der einen oder anderen Schlange führten, war die Organisation in Ordnung.
Inhaltlich jedoch herrschte überwiegend Langeweile. Aus den Unternehmen kaum etwas Neues. Die wenigsten verstehen Value Management als sinnvoll integrierten Ansatz zur Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und konzentrieren sich entsprechend auf Veränderung und Organisationsentwicklung. Sehr viele Ansätze auch aus dem Plenum fokussieren auf die vage Hoffnung irgendein IT-Tool werde es schon richten. Wobei den meisten noch nicht einmal klar ist, was "es" überhaupt sein soll das da gerichtet werden muss.
Überhaupt die Tool-Anbieter: Trotz Sponsoring von gefühlt 120% aller Vorträge und testosteronüberladener Was-kostet-die-Welt-Attitude ihrer Verkäufer gab es kaum überzeugende Anwendungsszenarien zu sehen, der eine oder andere vorgestellte Kundenfall machte sich gut als Luftnummer.
Value Management ist gerade für den Einkauf eine große Chance, die eigene Funktion im Unternehmen inhaltlich und sozial aufzuwerten. Eine Positionierung als verlängerter Arm einer Berater- und Softwaresalesorganisation erscheint mir da wenig zielführend. Das gilt im Kern auch für die Value Days.

Dienstag, 31. Januar 2012

Standardsituationen der Technologiekritik

Ein sehr interessanter wenn auch schon älterer Beitrag zur Technologiekritik. Im Kontext mit Einkaufsorganisationen ist dabei aus meiner Sicht folgendes spannend: SRM-Tools, Online-Auktionen, Kataloge haben sich im Einkauf relativ schnell durchsetzen können. Alles Technologien, die die direkte Kommunikation mit Lieferanten eher reduzieren bzw. bei gleichem eigenen Reifergrad die "Machtposition" weiter zum Einkäufer verschieben. Technologien die zu einer intensiveren, vernetzteren, lösungsorientierteren Kommunikation vor allen Dingen innerhalb des Unternehmens genutzt werden könnten, werden derzeit noch mit Argument vier verdrängt. Wobei man schon relativ lange brauchte um einzugestehen, dass Argument drei nicht mehr haltbar ist.
Eurozine - Standardsituationen der Technologiekritik - Kathrin Passig Internetkolumne

Donnerstag, 26. Januar 2012

Procurement versus Purchasing

Interessant bzw. gilt das auch für den deutschsprachigen Raum? Ist Einkauf mehr als Beschaffung und brauchen wir einen neuen Begriff, eine functional rebranding exercise wie im Procurement Intelligence Unit Blog beschrieben?
Procurement
versus Purchasing
: Over the last decade there has been much debate about
what we should call our function.

Montag, 16. Januar 2012

eDingens

Heute flattert mir die Einladung für die "eLösungstage" ins elektronische Haus. Lieber BME - wenn es nicht verboten wäre und wir alle friedliebende Menschen wären gehörte jemand dafür geschlagen. Das Schlimmste daran ist ja, dass sich das Gehirn bei so etwas so querstellt, dass sich der Begriff auch noch ins Gedächtnis frisst. Und Schindluder treibt ("Die Kollegin fühlt sich nicht wohl, die hat ihre eLösungstage." etc.) Vielleicht muss ich ja auch nur den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Dann denke ich doch Mal ans Einkaufsschachbrett, das ist auch nicht viel schlimmer. Mehr fällt mir dazu nicht ein, es sind schon genug Wörter verschwendet.

Dienstag, 3. Januar 2012

Ende des 3-Präses-Jahres

Nach einem für die Handelskammer Hamburg turbulenten Jahr 2011 (dem ersten mit drei Präsides überhaupt) wurde die traditionelle Jahresschlussansprache des neuen Präses vor der "Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V." natürlich mit Spannung erwartet. Vorab: Nach meinem persönlichen Eindruck gab es schon bessere Ansprachen als diese, das möge aber jeder für sich selbst beurteilen. Das Hamburger Abendblatt berichtete jedenfalls in der Silvesterausgabe ausführlich über das Event und kommentierte die Rede als zurückhaltend. Es wäre auf jeden Fall gut möglich, an der einen oder anderen Stelle kontrovers darüber zu diskutieren. Auf der einen Seite kritisiert man die Nichteinführung einer Finanztransaktionssteuer, auf der anderen Seite wird die Regelungswut gegeißelt(immer wieder gerne hervorgeholte Beispiele, die unter anderem auf Lobbyismus der Industrievertreter zurückzuführen sind (vgl. Welt Online v. 14.7.2008:
Ohnehin werden Gesetze von der Kommission lediglich vorgeschlagen. Die Details ausgehandelt und abgesegnet werden dann vom Ministerrat, also der Runde der nationalen Minister, und teilweise vom Europa-Parlament. Das galt auch für die Seilbahn-Richtlinie: Nach einigen schweren Seilbahn-Unglücken erschienen den Ministern EU-Sicherheitsstandards als sinnvoll. Dass die Umsetzung in deutsches Recht zum Schildbürgerstreich geriet, lag nicht an Brüssel, sondern der Überregulierung im föderalen Deutschland. Während in den meisten EU-Ländern ein einziges Seilbahn-Gesetz ausreichte, hat der Bund in Deutschland keine Kompetenz in dieser Frage. Deshalb musste jedes Bundesland ein Gesetz erlassen, selbst wenn es überflüssig war. Sogar wenn die EU-Kommission obsolete Regelungen wie die Gurkenkrümmungsvorschriften abschaffen wolle, werde es blockiert, kritisiert nun EU-Kommissionschef José Manuel Barroso jene Politiker, die Europa zu Hause bei den Wählern der Regelungswut bezichtigen. „Seit Jahr und Tag wird Europa lächerlich gemacht wegen seiner Vermarktungsstandards für Gurken“, klagte Barroso vor dem Europaparlament.
. "Was denn nun?" ist man geneigt zu fragen. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass wird nicht gehen. Außerdem schicken wir seit Jahr und Tag abgehalfterte Politiker oder solche aus der zweiten Reihe nach Brüssel und Straßburg und wundern uns dann wenn es nicht vorangeht. Zum Vorgehen in Deutschland und in der Region sind offenbar nicht nur in der Regierung noch Hausaufgaben in Bezug auf Nachhaltigkeit zu machen. Wenn uns das Wohlergehen unserer Kinder so wichtig ist, dass wir ihnen sogar im Erwachsenenalter noch das Brille putzen abnehmen (so geschehen im Zuschauerkreis), dann ist es schwierig in Bezug auf den Hafen und die Elbvertiefung immer nur ein "Weiter so" zu rufen. Auch wenn es schwerfällt gehört zu norddeutscher Zusammenarbeit vielleicht auch die Einsicht, dass es bessere Standorte für Tiefwasserhäfen in Deuschland als Hamburg gibt. Auch im Zukunftsfeld der Bildung wird gerne mit dem Finger auf die Lehrer gezeigt, die bei all dem Hin und Her in den vergangenen Jahren mehr mit der Umsetzung immer neuer Ideen aus der Behörde zu tun hatten als ihre Energie in die Qualität des Unterrichts zu stecken. Dabei wird auch üblicherweise mit zweierlei Maß gemessen. Man schickt seine eigenen Kinder auf Gymnasien (die bitte strikt zu trennen sind von irgendwelchen Prekariatsschulen) oder Internate. Dann geißelt man die Tatsache, dass Kinder unter sich sind, die teilweise aus Haushalten kommen, in denen andere Maßstäbe für Erziehung gelten. Die Schule soll dann die Ergebnisse der Ghettobildung ausbügeln, die guten (eigenen) Schüler (die - wie Untersuchungen gezeigt haben - z.B. am Nachmittag gut den Schwächeren helfen könnten) sind davon ja nicht betroffen... Wer nachlesen will, wie es in der Ghettoschule zugeht, kann einen Eindruck davon im Blog von Frl. Krise bekommen. Schöne neue Welt also auch in 2012. Ich bin gespannt.