Dienstag, 22. März 2011

Der Fall Jahns / Brainnet

Über Auffälligkeiten im Geflecht Brainnet - SMI - Prof. Christopher Jahns (Präsident der European Business School) haben der Spiegel und einige vor allen lokale Medien wie z.B. die Frankfurter Rundschau in den vergangenen Monaten wiederholt berichtet. Am 17.03. nun meldet Spiegel Online:
Zuletzt kämpfte er mit allen Mitteln, doch auf verlorenem Posten: Christopher Jahns, Chef der European Business School, lässt sein Präsidentenamt ruhen. Im Machtkampf an der Eliteschmiede wurden schwere Anschuldigungen erhoben, Anwälte eingeschaltet und angeblich Dokumente gefälscht.
Das alles sicherlich nur vorläufig, ich betone vorläufig. Pikant an der ganzen Geschichte ist zum einen die Fallhöhe von Prof. Jahns. Als Young Global Leader verpflichtet er sich einer besonders hohen Ethik im Management (Davoser Gelöbnis) und auch im Einkauf (Global Sourcing Code). Unschuldsvermutung und Medienhetze hin oder her, die Konstellation aus privaten Interessen (Verwaltungsrat Brainnet) und zumindest teil-öffentlicher Finanzierung (EBS) ist beispielhaft für die etwas verschobenen Moralvorstellungen vermeintlicher Eliten.
Nicht minder Interessant ist jedoch hier die Rolle der wenigen Fachmedien. Brainnet ist immerhin eine der grössten deutschen (zumindest im Ursprung) Unternehmensberatungen im Einkauf:
BrainNet ist die Nummer 1 in der Einkaufsberatung mit einem Vorsprung von mehr als 50 Punkten vor etablierten Beratungen wie McKinsey & Company und BCG und sogar mehr als 80 Punkten Vorsprung vor Roland Berger. BrainNet ist – zusammen mit Roland Berger – die einzige Beratung, die in allen SCM-Disziplinen des Hidden Champion Top 5 Rankings vertreten ist (Einkauf, Interne Lieferketten und Prozesse sowie Distributionslogistik).
Was schreibt also die All about Sourcing zu dem Thema? Bis heute nichts. Wie sieht es aus mit der Best in Procurement (BIP)? In der aktuellen Ausgabe keine Informationen. Lediglich die stets seriöse Beschaffung Aktuell hat sich zu einer fast merkelesken Stellungnahme hinreißen lassen, Guttenberg lässt grüssen.
Gründe für Neid, sofern man sich nicht bewusst ist, dass es sich hierbei kirchenrechtlich gesehen um ein schweres Laster (Invidia) handelt, gäbe es genug. Jahns hat mit seinen erst 41 Jahren einiges erreicht: eine ordentliche unternehmerische und akademische Karriere, an deren Spitze (vorerst) das Präsidentenamt an der EBS steht.
Mal ehrlich, ihr "Journalisten" und im Zweifel auch ihr Einkäufer: könnte da nicht ein bisschen mehr drin sein? Vielleicht auch ein ordentlicher Diskurs zu der Frage, wie wir im Einkauf mit Moral und Ethik umgehen wollen? Oder interessiert das am Ende eh keinen, Hauptsache die Ware steht auf dem Hof?

10 Kommentare:

  1. Das Unangenehme an diesem Beitrag ist das "Raunen". Es wird keine Position bezogen, es wird keine konkrete Anschuldigung erhoben, es wird lediglich geraunt: da könnte doch mehr drin sein. Mehr von was? Mehr wo drin? Ist es ein Aufruf zum Boykott? Zum medialen Bann? Es wird die Doppelrolle als moralisches Problem benannt, was sachlich und rechtlich schlicht falsch ist. nicht die Doppelrolle EBS / BrainNet ist das Problem, sondern die Frage, ob Prof. Jahns als Person sich in dieser Rolle kodexkonform verhalten hat oder nicht. Und falasch (oder richtig) verhalten kann man sich in jeder Rolle. Also um was geht es nun in diesem Beitrag?

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  2. Brainnet hat sich durch die Integration / Kauf von SMG/SMI ausdrücklich auch eine führende Rolle in der Ausbildung und Qualifikation von Einkäufern auf die Agenda geschrieben ("einzigartige Wertschöpfungskette). Und will als Meinungsführer hier wahrgenommen werden, u.a. auch in "Fachmedien". Warum diese z.B. die Diskussion zum kodexkonformen Verhalten nicht thematisieren ist mir rätselhaft. Auch wenn sich von einem möglichen Fehlverhalten Einzelner nicht auf das Ganze schliessen lässt, steht hier doch zumindest ein strategischer Ansatz eines wichtigen Marktteilnehmers zur Diskussion. Wäre ich Journalist würde ich das aufarbeiten wollen.

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  3. 1) Das Thema Ausbildung und Qualifizierung hat sich so ziemlich jede Einkaufsberatung auf die Fahnen geschrieben - ebenso wie strategische Partnerschaften mit Lehrstühlen. Wieso auch nicht, das ist im SCM dringend notwendig und wird am Markt nachgefragt.
    2)Nochmal: Wenn es Diskussionen um das Verhalten einer - wenn auch wichtigen - Person gibt, warum sollte dann der strategische Ansatz an sich zur Diskussion stehen? Wenn es danach ginge Marktansätze an individuelles Verhalten zu koppeln, würden jeden Tag 500 Ansätze zur Diskussion stehen.
    3)Dass die Fachmedien das Thema kodexkonformes Verhalten (im Einkauf) nicht thematisieren ist im Übrigen sachlich falsch - das tun sie seit jahren. Darüber hinaus könnte die Tatsache, dass sie über Prof. Jahns nicht in jeder Ausgabe den Stab brechen auch daran liegen, dass nach wie vor keine Fakten vorliegen, die ein straf- oder zivilrechtlich nachweisbares Fehlverhalten bestätigen würden.
    4) Ein Wort zum Thema Meinungsführerschaft: Dies meint, dass man für den markt heute und in Zukunft besonders relevante Themen besonders klar und strukturiert durchdringt. Den Zusammenhang dieses Anspruchs mit den Ereignissen um Jahns kann man nicht erkennen - nur konstruieren.

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  4. Mein lieber Herr oder verehrte Dame "Anonym",

    Diskurs ist immer gut, genau das habe ich im Ausgangsbeitrag bemängelt. Und dieser Diskurs kann gerne hier stattfinden, welcher Blogger freut sich nicht darüber, dass er gelesen wird.

    Tatsächlich ist es so, dass Prof. Jahns nicht alleine den aus meiner Sicht unbestrittenen Erfolg von Brainnet ausmacht und selbstverständlich auch für ihn die Unschuldsvermutung Gültigkeit hat. Und ja, Ausbildung und Qualifizierung im SCM ist dringend notwendig.

    Solange er und auch Brainnet nach Meinungsführerschaft streben und diese vor allen Dingen auch professionell medial publizieren (was vernünftig ist!) wird für beide eine besondere Aufmerksamkeit erzeugt.

    Diese Aufmerksamkeit müsste doch eigentlich zumindest in den Fachpublikationen auch zu Wachsamkeit führen. Genau wie Sie sagen wird kodexkonformes Verhalten in Fachmedien thematisiert, vor allen Dingen speziell von Beratern und Hochschulinstituten.

    Genau jetzt sollte deshalb zu der Thematik eine weitere Debatte auch mit den Einkäufern stattfinden. An deren Ende kann ja auch stehen, dass der Spiegel und andere sich in lokalpolitischen Ränkespielen verfangen haben.

    Solange das nicht passiert, bleiben die Fachmedien ferngesteuerte Sprachrohre Dritter und die Einkäufer bleiben in Ihrer Schmollecke, aus der sie so gerne in Richtung CEO-Agenda herauswollen. Aus-einandersetzen statt ignorieren, darum geht es.

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  5. Anonym2 möchte sich kurz in die interessante Diskussion einklinken.
    Ich denke, dass der Blogger einen vielleicht wunden Punkt der Fachmedien angesprochen hat. Die Gradwanderung zwischen Unabhängigkeit/Überparteilichkeit und finanziellem Überleben in einer - auch personell wie Marktteilnehmer überschaubaren - Nische.
    Vielleicht springt man zu weit von einem Fachblatt ähnlichen Journalismus wie von einem Nachrichtenmagazin zu verlangen. Das ist durchaus nicht bös gemeint. AAS, BIP und BA haben ihre Berechtigung als Informationsblatt für Fachbeiträge, das muss man wissen und die Beiträge auch so lesen. Es wird nie eine BestInProcurement-Affäre a la Spiegel Affäre geben. Sensiblere Themen müssen eben in anderen Medien behandelt werden. Beispielsweise in so einem Blog, daher lese ich ihn ja auch. Auch wenn ich es mir anders wünsche.
    Daher muss ich dem letzten Absatz der Blogger-Antworz vom 29.3., 13:57h zustimmen. Ein Manager-Magazin und auch eine Wirtschaftwoche, ganz abzusehen von einer FTD trauen sich mehr zu und stehen auf der CEO Agenda. Fraglich bleibt ob ein Fachmagazin für den Einkauf strategisch in diese Richtung will. Ich bezweifle dies. Sie bleiben wohl Informationsblätter mit Fachbeiträgen. Und so sollte man sie auch lesen. Das ist nichts Schlechtes. Ich lese sie gern.

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  6. Update: hier (http://www.faz.net/-01rtny) schreibt die FAZ heute: "Unter dem dringenden Verdacht der Untreue ist der Präsident der privaten European Business School festgenommen worden. Christopher Jahns hatte zuvor noch den Vorwurf, er schleuse öffentliches Geld in seine privaten Firmen, „absolut unhaltbar“ genannt."

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  7. Lieber Herr Scholl, lieber Anonym2,
    ja, das alles ist sicherlich richtig. Die Fachmedien sind eng - vielleicht zu eng - mit den werbenden Unternehmen vernetzt. Was übrigens für alle Fachmedien gilt, nicht nur für Beschaffung Aktuell, BIP, CPO Agenda & Co. und - mit Verlaub gesagt - ein richtig alter Hut ist. Man braucht eben einen Filter beim Lesen. Anderenfalls hätten wir schlicht einen großteil der Fachmedien gar nicht mehr. Oder wir hätten nur noch Blogs. Blogs sind gut, aber sie taugen nicht als "Knotenpunkte des Wissens", noch nicht zumindest.
    Was mir an der Diskussion nicht gefällt, ist der induktive Ansatz. Schon klar, das ist die Methode der Zeit, nur so lassen sich Themen "anschaulich" aufbauen und erhalten einen aktuellen Bezug. Aber der Einkauf an sich braucht doch keine generelle Ethik-Debatte aus der Causa Jahns heraus. Und Jahns' Ideen und Initiativen werden doch nicht obsolet, weil er selbst dem haftrichter vporgeführt wird?
    Man muss sich an kodizes und Gesetze halten, das ist alles. Und es wird immer Leute geben, die das nicht tun. Im Übrigen ist die induktive methode völlig beliebig: Genausogut könnte man doch fordern, dass wir eine Debatte über privatunis führen, oder über die Kooperationssysteme zw. wissenschaft udn Praxis usw. Die Causa jahns lässt sich nich generalisieren, das ist im Prinzip alles.

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  8. ich bin nicht sicher, ob es nicht doch eine erneute Ethikdebatte braucht, wenn sich einer der selbsternannten Vordenker als untauglich erweisen sollte (!) und eines seiner Vehikel (Brainnet) hierzu keine Position bezieht. Nur wo sollten wir sie führen? Ich sehe im deutschsprachigen Raum derzeit einfach keine Plattform und auch keine Community dafür, weder online noch offline.

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