Dienstag, 8. März 2011

Wenn Lieferanten die Zeche zahlen sollen

Die FTD berichtet heute in ihrer Onlineausgabe über die Pläne des deutschen Windanlagenbauers Nordex, im drohenden Preiswettbewerb der Branche zu bestehenden. Nordex CEO Thomas Richterich wird folgendermaßen zitiert:
"Wir wollen die Überkapazitäten am Markt ausnutzen", sagte Konzernchef Thomas Richterich im Gespräch mit der FTD. "Wir können den Preisdruck durchreichen zu unseren Lieferanten."
Darüber hinaus sieht man sich bei Nordex, so der FTD-Artikel, der Konkurrenz voraus da man  offensichtlich in der Supply Chain flexibler aufgestellt ist:
Weil Nordex im Gegensatz zu den meisten Rivalen nur die Hälfte der Rotorblätter selbst fertigt und Teile wie Getriebe, Türme und Generatoren von Zulieferern bezieht, könne der Konzern besser auf den Preisverfall reagieren, sagte Richterich.
Auf jeden Fall ist richtig, dass Nordex von der immer noch anhaltenden Krise der Windindustrie vergleichsweise hart getroffen wurde. Gründe dafür lassen sich sicherlich sowohl im Industrieklima allgemein als auch in der Nordex-Strategie speziell finden. Auf der anderen Seite: wer hat im zweiten Windrausch 2006-2008 keine Fehler gemacht? Richtig ist sicher auch, dass Windanlagenhersteller endlich Luft aus Ihren Supply Chains lassen müssen, damit die Cost of Energy im Vergleich zur Kohle (Beat Coal!) oder zu anderen regenerativen Energien wettbewerbsfähig werden. Und ohne Frage gibt es in den Supply Chains der Anlagenhersteller hinreichend Potentiale!

Aber ob es hilft einen Serienbrief an seine Lieferanten zu schreiben mit dem Hinweis auf schlechte Zeiten? Das hat die Automobilindustrie in den vergangenen Jahren immer wieder versucht. Selbst Mittelfristig hat das keine positiven Auswirkungen gehabt. Wer die Kosten in seiner Supply Chain senken will, braucht dazu Menschen, Prozesse und Tools (und zwar in dieser Reihenfolge), die in der Lage sind die Supply Chain als System zu verstehen und zu optimieren. Anderenfalls verliert man sich schnell in der Komplexitätsfalle.

Nordex fertigt also nur die Hälfte der Blätter selber. Das machen aber außer Enercon die meisten Hersteller. Vom übrigbleibenden Nicht-OEM Volumen bedient der globale Lieferant für Blätter, die LM Wind Power Group mit einem Umsatz von EUR 800.000.000 fast 80%. Ich bin mir nicht sicher, ob man in Kolding nur auf einen Brief aus Hamburg wartet um die Preise zu senken.

Es ist schon ein merkwürdiger wenn auch vorstandstypischer Reflex, eigene Schwächen im Supply Chain Management bzw. den Veränderungsbedarf (Qualifizierung, Professionalisierung, Kooperation) der eigenen Organisation zu ignorieren und statt dessen eher grob auf Lieferanten zuzugehen. Aber vielleicht hilft es ja? Der Kurs der Nordex Aktie hat sich in jedem Fall heute um ca. 5% nach oben bewegt.

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