Montag, 6. Dezember 2010

2011 - Strategien in Ergebnisse umsetzen

2010 war für den Einkauf eine gute Gelegenheit, die eigene Position im Topmanagement auszubauen. Durch die konsequente Umsetzung eigener Strategien gelang es vielen, ihre Rolle als Gestalter von Wertschöpfung und Wertbeitrag durch das Lieferantenportfolio auszubauen.
Dieser Reifeprozess in Einkauf und Supply Chain Management muss sich im kommenden Jahr fortsetzen. Die Organisationsentwicklung gehört dabei zu den essentiellen Aufgaben, um Strategie, Strukturen und Kultur zu verzahnen.
Pleyma setzt bei der Beantwortung organisatorischer Aufgabenstellungen in Einkauf und Supply Chain Management immer stärker auf das Systemverständnis. Kurzfristig sichtbare aber langfristig nicht erfolgreiche Aktionen verlieren für viele Kunden an Bedeutung. Wirksamkeit und effiziente Vernetzung von internen wie externen Ressourcen treten in den Vordergrund. Ein funktionierendes System ist in der Lage, Strategien in Ergebnisse umzusetzen und dabei mit einem hohen Grad an Selbststeuerung auf ein turbulentes Umfeld einzugehen.
Alle Projekterfahrung zeigt, dass ein funktionierender Regelkreis „Führen & Lenken“ erfolgreiche von unerfolgreichen Unternehmen unterscheidet. Nur so können knappe Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden und schwache Signale aus der Supply Chain erkannt werden. Letztlich ist dies eine Frage des Handwerks (Methoden) und der Konsequenz in der Umsetzung (Führung).

Dienstag, 30. November 2010

Einkauf und Social Media, nützlich oder dümmlich?

Achtung! Was jetzt folgt, ist mehrfach dünnes Eis. Zum einen, weil Einkäufer selten zu den "Early Adopters" neuer Technologien gehören. Auch wenn sich in der Vergangenheit einiges getan hat, schliesslich nutzen die meisten Einkaufsleiter ja mittlerweile eMail und Blackberry. Aber Technologie und Kommunikation verknüpfen? Schwierig wenn auch nicht unmöglich. Also, einkaufende Leser, nicht gleich weiterklicken! Ebenso schwierig wird es natürlich, sich als Laie zu einem Thema zu äussern, zu dem sich sonst nur "Evangelisten" oder "Digital Natives" äussern dürfen. Die digitale Bourgeoisie reagiert äusserst empfindlich darauf, wenn auch nicht Eingeweihte die digitale Götze anbeten wollen. Also bin ich gewarnt.
Social Media lässt sich schwer (oder natürlich doch, siehe oben) abgrenzen vom Web 2.0 oder vom semantischen Web. Das hängt im wesentlichen von der eigenen Perspektive ab, also davon ob man von Investoren eine Seed-Finanzierung für ein neues Geschäftsmodell will, oder ob man als Berater auch mal eine eigene Sau durchs Dorf treiben will, oder, oder, oder. Wikipedia sagt:
"Als Social Media (auch Soziale Medien) werden Soziale Netzwerke und Netzgemeinschaften verstanden, die als Plattformen zum gegenseitigen Austausch von Meinungen, Eindrücken und Erfahrungen dienen"
Für die Diskussion unter Digitalen Einwanderern ist das sicher ausreichend wenn man dabei anerkennt, dass es natürlich eine wirklich grosse und spannende Vielfalt an Themen und Ansätzen und Innovationen gibt. Social Media ist sicherlich mehr als Facebook, Twitter oder Google Streetview (bzw. dem Croudsourcingansatz dahinter wenn es darum geht "verpixelte" Gebäude wieder verfügbar zu machen - gut oder böse) und heute sind wir bestimmt erst am Anfang der Entwicklung. Tatsächlich ist trotz aller Diskussion die Verbindung von Netz und Menschen auf einem weniger düsteren Weg als es sich die Apologeten des Cyberpunks vor 25 Jahren dachten.
Heute auf jeden Fall twittert der Maschinenbauer Trumpf Kurznachrichten an seine 450 Follower und Krones hat eine eigene Facebookseite mit mehr als 2.000 Fans. Ob sich das lohnt? Keine Ahnung, ich kenne auch die Ziele der beiden Firmen nicht. In jedem Fall bedienen diese Unternehmen (und es gibt natürlich noch viele mehr) bestimmte Netzwerke, vernetzen sich und generieren, vielleicht auch bescheidenen, Mehrwert. Beide sind auch nicht der klassische Markenartikler, der seine Fanpage bei Facebook oder myspace nutzt um virale Aufmerksamkeit wie Tipp-Ex zu erzeugen. Beiden werden, sicherlich nicht ohne professionelle Hilfe und wie viele andere auch, prüfen und ausprobieren (darum geht es oft bei Social Media) welche Aufgaben von PR und HR sich mit diesen Werkzeugen unterstützen lassen.
Was also macht der Einkauf? Nähert sich jemand dem Thema, wird es diskutiert oder gibt es vielleicht schon hier und da Initiativen? Ich kenne keine! Bei dem alljährliche Treffen der Einkäufer in Berlin auf dem BME-Symposium im November zum Beispiel fand Social Media nicht statt. Kein #Hashtag zu Veranstaltung, keine Blogposts, nur Tweets von Onventis und DIG und mir (mein Gott, war das einsam...)
Nick Martindale stellt sich in seinem guten Beitrag vom 25.11. bei SupplyManagement.com ähnliche Fragen (nur das er natürlich keine Idee von der grossen Bedeutung des BME ausserhalb der USA hat).
Whatever the ultimate goal, the underlying concept [of social media] – sharing information, developing a network and using platforms as the basis for further interaction in the real world – has obvious parallels to the business world. And procurement, with its complex internal and external networks to manage, is in a prime position to benefit from it.
Richtig, der Einkauf ist der Architekt der Supply Chain, wenn er sich denn entsprechend positionieren kann. Kaum ein anderer Funktionsbereich in einem Unternehmen (wenn man den Vertrieb inkl. Marketing, PR ausklammert) hat eine solche Netzwerkfunktion inne wie der Einkauf. Mehr als 50% des Umsatzes eines Industrieunternehmens werden von Lieferanten erbracht, in manchen Branchen mehr als 75% der Innovationen. Der Einkauf treibt Internationalisierung voran und erschliesst neue Märkte oft als Erster. OK, es gibt Diskussionsgruppen zum Einkauf bei XING und auch bei LinkedIN. Sogar auf Facebook vernetzt jemand Supply Chain Manager.
Aktivitäten aus dem Einkauf spezifischer Unternehmen gibt es wohl nicht. Ganz sicher gibt es heute keinen Einkauf mit einer Social Media Strategie, schliesslich haben die Wenigsten überhaupt eine Social Media Guideline (sollten sie aber!).
Ich glaube, der Einsatz von Social Media kann für den Einkauf ein Mittel sein, um
  • Transaktionskosten weiter zu reduzieren - warum nicht auch über Twitter RfIs / RfQs promoten
  • Interne und Externe Vernetzung weiter zu fördern - zum Beispiel über Collaborationtools wie Jive oder Mixxt um für die gemeinsamen Wertanalyseprojekte Experten miteinander zu vernetzen.
  • Neue Märkte und Lieferanten anzusprechen - und wenn es ein Facebookprofil ist als weiterer Kanal in Richtung Lieferantenportfolio
  • Lieferantenmanagement und Lieferantenentwicklung zu beschleunigen - vielleicht indem Location-based-services zur Aggregation von Daten mitgenutzt werden? Im Ernst, ein Photo zur rechten Zeit mit dem Smartphone geschossen von den Arbeitsbedingungen in einer chinesischen Giesserei, mit Geotaggingdaten verbunden, könnte vielen Ressourcen sparen helfen.
Ganz sicher müssen dazu noch viele Hürden genommen werden. Datenschutz und -sicherheit ist ungeklärt bzw. ein Risiko. Die Fähigkeit von Menschen bzw. Einkäufern zu kommunizieren (oder neben eMail, SAP-Listen und Telefon auch noch im Sozialen Netz) muss weiter entwickelt werden. Nicht zuletzt kennen wir heute nicht "DIE" Plattform, auf der wir zukünftig professionell arbeiten werden und wollen.
Eines ist aber offensichtlich. Social Media kann eine Chance sein für Einkaufsorganisationen und somit auch für Unternehmen, die den Wertbeitrag aus Ihrem Lieferantenportfolio konsequent ausbauen wollen.

Freitag, 12. November 2010

Vertrauen Gewinnen

"Vertrauern Gewinnen" war das Motto des diesjährigen immerhin schon 45. Symposiums des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, kurz BME. Etwas mehr als 2.000 Einkaufsaficionados - zur Hälfte Einkäufer und zur Hälfte Dienstleister - haben sich in der zu Ende gegangenen Woche zweieinhalb Tage im Hotel Intercontinental in Berlin zu diesem Motto ausgetauscht. Und gefeiert, gesoffen, getrascht wie es sich gehört.
Das Symposium hat einen nicht unerheblichen zeitlichen Vorlauf, so erklärt sich sicherlich auch das Motto der diesjährigen Veranstaltung. Schließlich konnte man im Frühling ja noch nicht wirklich ahnen, wo die Reise mit der Weltwirtschaft hingeht. Aber mit Vertrauen Gewinnen kann man eigentlich immer gewinnen. Jetzt im Herbst in Berlin wurde dies in jedem Fall positiv wenn auch nicht euphorisch interpretiert. Es geht wieder aufwärts und wir sind wieder wer.
Die Themenschwerpunkte der Fachkonferenzen und sonstigen Marketingveranstaltungen waren noch durch die Krise geprägt. Viel und langweiliges zu Controlling, Kostensenkung auch im indirekten Material, Kaffeesatzlesen in den Rohstoffmärkten. Hier wird deutlich, dass der Einkauf in den vergangenen 20 Jahren bis auf die Internationalisierung (Wegfall "Eiserner Vorhang", Entwicklung BRIC-Staaten) und Elektronifizierung (eProcurement, SRM) keine grossen und revolutionären Themen mehr generieren konnte. Zum zehnten Mal hören, wie schlecht man wirklich im Einkauf organisiert sein kann (Danke an Herrn Laschinger von der Schlott Gruppe AG für die offenen Worte), wie ein eProcurementsystem eingeführt wird (Danke an all die austauschbaren Alibikundenvorträge der Softwareanbieter) oder dass man in crossfunktionalen Teams mehr erreicht als alleine (Hier Danke u.a. an die Einkäufer von Trox oder RWE Technology) ist wirklich langweilig. Im Prinzip gute Vorträge, sinnvolle Projekte, bemühte Redner aber einfach langweilig.
Gab es grosse Linien? Vielleicht mit etwas gutem Willem bei Herrn Diess, CPO von BMW der explizit auf das Thema Cost Engineering und die Bedeutung für BMW hingewiesen hat. Das fand sich auch in den HR-Themen der Fachkonferenz 12 die sich mit dem Thema "Der Einkauf 2015 - Flexibel und vernetzt" auseinandersetzte wieder. Einkauf findet eben zwischen den Ohren statt und hier ist in Bezug auf Qualifizierung, Führung und Kultur noch eine Menge Luft nach oben. Dann der Versuch, CSR stärker zu promoten. Das ist sicherlich ein wichtiges Thema, nur eben noch wichtiger für die grossen Berater (Berger im Morning Special 1 - hab ich leider wegen Kater von der Party am Abend zuvor kaum mitbekommen) oder die grossen Konzerne (Covermyass-Strategien bei ThyssenKrupp in Fachkonferenz 17). Inhaltlich? Wenig neues.
Schön war die Bestandsaufnahme auf der Aufstellerseite. Das erste Mal seit Ewigkeiten wieder dabei: Kerkhoff mit einer Reihe von Satelliten u.a. Costdata bzw. der Hälfte die davon noch übrig geblieben ist. H&Z diemal in seriös nur leider mit Werten auf illuminierten Lichtkuben die offensichtlich wenig mit Hirn, Herz und Hand zu tun hatten. Araia wieder da, sogar dreimal. Im Gepäck mit EasySourcing und Ivalua (nein, keine Antibabypille) auf drei Ständen. Bin mir nicht sicher ob sich das gelohnt hat. Der schönste Stand diesmal an Andreas Tsetinis c/o ZF Friedrichshafen: Perfect-Pro-xxx wirklich gut in Szene gesetzt. Der Trend der Messe: Appleprodukte verlosen (u.a. Deutsche Business Consulting, Hermes Logistik und Geodis (oder war es Egencia?)) - ich bin natürlich leer ausgegangen. Sehr schön, dass auch die die Caterer jetzt in die Fachaustellung kommen. Herzlich Willkommen Aramark, hier konntet ihr nur verlieren (Obwohl, wenn ich mir das Niveau einiger Teilnehmer ansehe, wer weiss). Mein Highlight war aber der Stand von Matrium. Was an Einkauf, Logistik und Zoll "bionisch" sein soll, konnte  mir keiner erklären. Hat ausser mir wohl auch keiner gefragt, an dem Stand habe ich in drei Tagen keinen einzigen Besucher gesehen.


Mittwoch, 3. November 2010

Krisengewinnler Einkauf?

Laut der neuesten Global Chief Procurement Officer (CPO) Survey
von Capgemini hat der Einkauf durch die Krise in Sichtbarkeit und der Positionierung im Unternehmen aufgestiegen. Ob positiv oder negativ wird dabei nicht gesagt, ebensowenig wird darauf Bezug genommen, ob man jetzt von unten die erste Stufe erklommen hat oder ganz oben angekommen ist. Immerhin gibt es CPO's die man befragen kann, das ist ja schon ein Statement an sich.
Over 60% of respondents however confirmed that the Procurement function has emerged from the global economic downturn as a winner, with an improved image within their organization. An additional 20% of respondents went further to state that Procurement is now positioned strategically for future growth.
Wer den neuesten Pleyma Materialpreis-Rundbrief gelesen hat, stellt allerdings fest, dass das Handling der Krise und die Durchgängigkeit von Maßnahmen immer noch sehr von operativen Entscheidungen geprägt ist. Solange sich der Einkauf nicht als essentieller Teil des Systems im Unternehmen positioniert und seine Rolle auch gestaltend wahrnimmt, könnte sich die Aufwertung als Strohfeuer erweisen. Der beengte Fokus wird auch in diesem Zitat aus der Bewerbung der Studie deutlich:
Cost reduction continues to be a major focus area with savings targets increasing as they did in 2009 (over 40% of respondents have savings targets at nearly 10% for 2010). Strategies that Procurement executives are employing to achieve these targets include contract re-negotiation, tighter contract compliance, global sourcing, hedging and moving to outsourced procurement services. However, almost 80% of survey participants responded that top management expected them to improve the overall value contribution of Procurement.
Mit den beschriebenen Maßnahmen lässt sich strategisch natürlich kein Blumentopf gewinnen, denn die reine Fokussierung auf die nachgelagerte Reparatur trifft offenbar auch nicht die Erwartungshaltung des Top Managements.
Kann aber auch sein, dass das daran liegt, dass Capgemini gar nicht nach einem erweiterten Einkaufsverständnis gefragt hat. Das wiederum spräche für sich.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

gescheitertes Multikulti - auch im Einkauf?

Mal ehrlich, Einkäufer verantworten wie viel des deutschen BIPs? Und wenn es 20% sind, dann reden wir schon über 500 Milliarden Euro in 2009. Legitimiert das vielleicht auch eine aktive Rolle in aktuellen politischen Diskussionen? Sicherlich. Wird die wahrgenommen? Nein. Mir auf jeden Fall ist keine Stellungnahme des BME als Zentralorgan der deutschen Einkäufer bekannt. Selbst die unsäglichen und redundanten Satelliten und Monde des BME bis hin zur Beschaffung Aktuell positionieren sich nicht.
Dabei ist das Thema Integration bzw. deren Scheitern auch für den Einkauf ein Thema. Das beginnt trivial beim Fachkräftemangel im Einkauf und endet kaum weniger trivial bei der Frage, wer die notwendigen kulturellen Skills für erfolgreichen internationalen Einkauf einbringen soll.
Aber ist der Einkauf vielleicht etwas zu reaktionär, um das Thema positiv anzugehen? Ist Internationalisierung vielleicht immer noch eine Bedrohung bzw. droht Überfremdung? Muss man damit rechnen, dass Bayern durch die Äusserungen von Horst Seehofer auf Dauer an sinkender Wettbewerbsfähigkeit für internationales Supply Chain Management leiden wird?
Also, Position beziehen und gleichzeitig gelassen bleiben. Herr Rulez, der in Mathe immer gut aufgepasst hat, gibt da die Richtung vor.

Sonntag, 26. September 2010

Viel Wind um Nichts?

"Ich habe mir schon Mal einen Bauernhof gekauft, falls das Geschäft so weiterläuft wie bis jetzt..." Dieses Zitat eines Messeteilnehmers der HUSUM WindEnergy (Die Großbuchstaben sind wohl so etwas wie diese Schuhe, die kleine Männer größer wirken lassen) drückt ganz gut aus, wohin die Reise in der Windenergie geht. Mittelständler, die im Vertrauen auf die stürmische Branchenentwicklung gesetzt haben und spezialisiert investiert sind, zeigen sich von ihrer nervösen Seite. Die Hoffnung auf eine baldige Erholung bzw. die Rückkehr zu alten Wachstumsraten stirbt zuletzt. "Die Stimmung ist besser als die Lage", das Zitat eines anderen Messekontakts trifft es wohl ganz gut. Auf der anderen Seite drängen jetzt mit Macht die großen Spieler in den Markt. Vor allem die Utilities verändern die Spielregeln, natürlich ist dies teilweise auch durch die schiere Größenordnung von neuen Offshore-Projekten bedingt. Außerdem sind die Finanzierungszusagen inzwischen an andere Größenordnungen von Eigenkapital gebunden.
Wer aber sich jetzt noch nicht professionell aufgestellt hat, könnte schnell unter die Räder kommen. Die grüne Revolution könnte so durchaus das eine oder andere ihrer Kinder fressen.
Die HUSUM WindEnergy ist natürlich immer noch ein nettes Networking-Event (man trifft wirklich fast jeden), aber als Messe sind die Tage des Standorts wohl gezählt. Schließlich platzt bereits jetzt alles aus den Nähten (Anreise / Parkplatzsituation genauso wie die Messezelte und die Warteliste). Aber Anachronismen werden ja vielleicht auch bewusst gepflegt. Es gibt jedenfalls auch noch nennenswert Strickpullover zwischen den Besuchern.

Donnerstag, 16. September 2010

Ist der Einkauf eine Sackgasse?

Der BME hat gerade erste Ergebnisse aus seiner neuen Gehaltsstudie für Einkäufer veröffentlicht. Die befragten Teilnehmer wurden dabei unter anderem bezüglich der Dauer Ihrer Tätigkeit im Einkauf befragt. Ergebnis dieser Frage ist, dass die Hälfte der Teilnehmer zwischen 10 und 25 Jahren im Einkauf tätig ist, weitere 6% sogar mehr als 25 Jahre. Dies kann auf zweierlei Weise interpretiert werden. Einerseits wird hier viel Erfahrung aufgebaut, auf der anderen Seite wird diese Erfahrung offenbar nicht unbedingt dazu genutzt, vom Einkauf aus in weitere Bereiche der Unternehmen zu wechseln. Stellt eine Tätigkeit im Einkauf somit eine Sackgasse dar? Einmal Einkauf immer Einkauf? Leider ist derzeit keine Aussage dazu veröffentlicht, wie viel der Zeit im gleichen Unternehmen verbracht wurde... Da könnte sich dann doch noch eine Perspektive ergeben, im Leben noch Mal etwas Anderes zu sehen (neben attraktiven Lieferantenstandorten versteht sich).

Dienstag, 7. September 2010

Der Schatz im Silbersee

Wir freuen uns sehr über die BLG und die neue Kampagne für Handelslogistik 2.0 (!). Ein schönes Beispiel dafür, was kommunikativ so alles in die Hose gehen kann wenn man seine Agentur mal loslaufen lässt.
Im Ernst, was soll uns das sagen? Spricht die BLG über etwas, dass man dort noch nie gesehehen hat wie einst Karl May den "Wilden Westen"? Kann Bully Herbigs Winnetouch ein Vorbild für Supply Chain Manager sein? Oder soll ein französischer Schauspieler in der Rolle eines amerikanischen Ureinwohners in den damals noch jugoslawischen heute kroatischen Bergen die Internationalität von Lieferketten symbolisieren?
Im Gegensatz zum weiteren Text der Onlineanzeige haben sich die Kleckser der Agentur extra für die letzte Seite der Hauspostille des BME "BIP- Best in Procurement" einen besonders schönen Text ausgedacht:
Komplexe handelslogistische Aufgaben lösen wir Pfeilschnell, mit neuen Konzepten und geradezu blutsbrüderhaftem Engagegement. Grosses Indianerehrenwort.
Zu viel Feuerwasser getrunken auf der Puder Rosa Ranch?

Mittwoch, 25. August 2010

Das Leben, die Psyche und der ganze Rest

Die Wahrheit offenbart sich scheibchenweise. Die aktuelle Ausgabe der brand eins beschäftigt sich mit dem Thema Tiere. Unter anderem mit aufgrund Misshandlung psychisch gestörten Kuscheltieren (deren Existenz dem einen oder anderen bislang verborgen blieb). Da stellt sich jetzt die Frage, wo finden sich denn die Vor- oder Ebenbilder dieser Existenzen. Dem erfahrenen Einkaufs- oder Supply Chain Leiter fällt natürlich sofort die GF / der Vorstand ein (Der Fisch... vom Kopf...etc.). Wenn man das konsequent zu Ende denkt, dann könnte eine Familienaufstellung (Vorstand) folgendermaßen aussehen:
  • CEO: Dolly - "Die Patientin schwebt in einem ständigen Zustand zwischen Macht (nach intern zu Untergebenen bzw. in der Vorstandssitzung) und Ohnmacht (in der Investorenkonferenz)".
  • CFO: Sly - "Der anhaltende Verwirrtheitszustand (Budgetphase) des Patienten ist vermutlich auf eine Autointoxikation mit noch unbekannten Substanzen (Kaffee, Graphit / Edding?) zurückzuführen".
  • CTO: Lilo - "Der manische Puzzletrieb (Konstruktionsänderungen) des Plüschnilpferdes ist vermutlich auf einen inneren Konflikt zurückzuführen, der sich durch stetiges Scheitern (Kostenexplosion, Rückrufe) immer weiter verstärkt".
  • COO: Dub - "Das Leben als Schildkröte auf der Überholspur (Lean Manufacturing, sonstige Erkenntnisse aus Managementbüchern, ansonsten siehe CTO) hat den Patienten von hinten überrollt und in eine tiefe Depression gestürzt."
  • Chief Diversity Officer: Kroko - "Die überempfindlichen (Gleichstellung) halluzinatorischen Wahrnehmungen des Plüschreptils sind eindeutige Symptome für eine Angstneurose."

Was lernt der Einkaufsleiter oder Supply Chain Manager nun daraus? Zunächst empfiehlt es sich nicht, die Plüschtiere in das nächste Vortanzen beim Vorstand mitzunehmen und die Aufstellung nachzupielen. Erfahrungsgemäß führt dies zum offenen Ausbruch vorher verdeckter Konflikte. Als Archetypen verwendet kann aber natürlich die nächste Sitzung beim Psychotherapeuten bei der Aufarbeitung betrieblicher Szenen helfen ("15% Kostensenkung müssen Sie doch ohne Weiteres schaffen, gehen Sie doch nach China...", "Warum sind wir nicht lieferfähig? Was haben Sie denn für Lieferanten ausgewählt?").
Die intensive Beschäftigung mit den Patienten (passenderweise kann man sich auch bei Paraplüsch gleich einen Vorstand kaufen) kann ggf. helfen, die eigenen Komplexe zu überwinden und sich a) auf eine verkorkste Kindheit (dient als Entschuldigung für Alles) zu berufen oder b) auf die gleiche Stufe zu stellen, da die Führung auch nicht komplexfreier ist. Wem das nicht hilft, dem sei beispielsweise Literatur von Douglas Adams (Trilogie in fünf Bänden) oder Herbert Rosendorfer (z.B. "Ballmanns Leiden") empfohlen. Am besten man sagt sich jeden Abend: Alles wird gut.

Donnerstag, 12. August 2010

Strategic Sourcing is Dead!

Oh nein, was machen wir denn jetzt? Der Strategische Einkauf ist tot, sagt Dalip Raheja von The MPower Group (TMG).
Strategic Sourcing has not delivered the promised results years ago, and it isn’t delivering the right results today.
Ganz schlimme Geschichte. Gut dass die MPower Group von Schlemihl aus der Sesamstrasse noch ein Paar Vokale kaufen konnte. So können wir jetzt A, E, I, O und U (steht für Adoption, Execution, Implementation, Optimization, and Utilization) nutzen und natürlich die Jungs von der MPower Group, um den Beratertanz ums goldene Kalb von neuem zu beginnen. Warum nicht auch gleich noch die Kollegen von Araia einladen? Die können nämlich Wo, Wie, Was. Und wenn es dann langweilig werden sollte, kann man immer noch im Einkauf Schach spielen. Oder es mit gesundem Menschnverstand versuchen.

Mittwoch, 11. August 2010

Lieferantenmanagement reloaded

Die Wirtschaft in Deutschland und dem Rest der Welt zieht deutlich an. Der erste Schub zu Beginn des zweiten Quartals hat sich verstetigt; die Nachfrage scheint mehr als nur dem Auffüllen von Lägern zu dienen. Das ist im Prinzip eine gute Nachricht.
Im Einkauf und im Supply Chain Management kann man nun gut beobachten, wer in den Zeiten der Krise zwischen Panik, Druck von oben und Kurzarbeit auch mal nach vorne geschaut hat: ganz wenige... Erschreckend, wie besonders die Automotive Supply Chain den Kapazitäten jetzt schon wieder hinterher läuft. Offensichtlich gibt es die selben Probelme mit Informationsflüssen wie zu Beginn der Krise. Alle sind überrascht von den Absatzmengen, auf jeden Fall die Einkäufer und deren Lieferanten, nur eben diesmal von den steigenden. Die Lieferperformance vieler Lieferanten lässt zu wünschen übrig, da macht sich nun doch bemerkbar, dass Personal abgebaut oder verschoben wurde. Risikomanagement bedeutet jetzt wieder hektische Meetings und Audits vor Ort. Von Strategie keine Spur. Ach was Strategie. Von Plan keine Spur.
Einkauf hat sicherlich eine gewisse Komplexität und die Zeitspannen für Veränderungen sind länger als die meisten Varianten im Maschinenbau halten. Kompliziert und dadurch schwer beherrschbar wird der Einkauf durch die vielen Einzelaktivitäten im Einkauf und natürlich auch im Rest von Unternehmen. Losgelöst von systemischen Zusammenhängen werden Teillösungen für Methodeneinsatz, Aufbauorganisation, interne Zusammenarbeit und operative Waldbrände erarbeitet. Einem Plan folgt das alles selten, viele Widersprüche und Zielkonflikte tun sich auf.

Am Beispiel Lieferantenmanagement wird das deutlich. Tatsächlich geht es hier darum, durch eine optimale Führung der Lieferantenbasis einen möglichst hohen Nutzen zu erzielen. Das dabei im Einzelfall noch an den Kernfeldern Lieferanten-Bewertung, -Klassifizierung und -Entwicklung im Detail optimiert werden kann und oftmals auch muss, ist aus der Praxis heraus sicher nachvollziehbar. Bedeutender für den prinzipiellen Erfolg von Lieferanten-Management ist allerdings die Ausrichtung an einer Rahmenarchitektur, die Strategien, Ziele, beteiligte Menschen und Ihre Qualifikationen, Schnittstellen und Tools berücksichtigt und damit die einzelnen Handlungsfelder so ausrichtet, dass der Gesamtnutzen maximal wird.
Also nicht einfach eine Software einführen, die kein Problem löst. Auch kein Reporting aufsetzen, dessen periodische Erstellung mehr Ressourcen vernichtet als das es Nutzen stiftet. Audits durchführen, ohne daraus Maßnahmen abzuleiten und nachzuhalten: auch nicht. Ebenso keine Lieferantenentwicklungsmaßnahmen ohne Abstimmung mit der Materialgruppenstrategie. Und so weiter...

Mittwoch, 23. Juni 2010

Malefiz für Einkäufer

Manche Ideen sind so abwegig und weit hergeholt, dass man sie beim ersten Kennenlernen für einen surrealen Witz halten muss. Das Einkaufsschachbrett der Kollegen von ATK hatte bei mir bei der ersten Vorstellung im Frühjahr 2008 spontane Lachkrämpfe hervorgerufen.
Was für eine absurde Idee! Man nimmt ein posititv aufgeladenes Bild (das Spiel der Könige, Strategie auf höchstem Niveau, Big Blue, Reiskörner), die vielversprechensten Bullshit-Bingo-Kandidaten der letzten 12-Monate und zwei drei willige Studenten (aka High-Potentials) und würgt einfach alles zusammen zu einem Modell. Unglaublich, aber laut ATK enthält dies
die kondensierten Erfahrungen und Erkenntnisse aus Tausenden von Projekten, die A.T. Kearney in den letzten drei Jahrzenten in diesem Bereich erfolgreich durchgeführt hat. Alleine in den 500 Projekten der vergangenen drei Jahre wurden über 500 Milliarden Euro neu am Markt platziert.
Sprachlosigkeit macht sich breit und Ehrfurcht kehrt ein. Nicht weniger als die Grundlage für ein neues Zeitalter des Einkaufs soll hier laut ATK entstanden sein, nachdem das goldene Zeitalter des Einkaufs mit der Rohstoffrally Ende 2007 zu Ende gegangen ist.
Das Ergbnis ist natürlich Mumpitz. Alleine schon der Zwang ausgerechnet 64 (und nicht 29 oder 47) Einzelstrategien zu finden führt zu Stilblüten wie der "Mega Supplier Strategie" (B3 für Profis) oder "Best Shoring" (F2).
Warum jetzt noch die Aufregung? 30 Monate nach der Veröffentlichung ist dieses Modell nicht etwa verschämt in die nächstbeste Ecke verbannt worden. Im Gegenteil, in einem DAX-30 Industrieunternehmen treffen wir aktuell tatsächlich auf ein grosses "Chessboard" Projekt. Im Ernst, haben die denn wirklich nichts besseres zu tun (Berater wie Einkäufer)?

Dienstag, 4. Mai 2010

Materialpreise

Griechenlandkrise hin oder her, die Weltwirtschaft und somit auch der Export deutscher Güter ist seit Jahresbeginn merklich angezogen. Die Baumaschinenbranche, eine der durch den globalen Einbruch 2009 am stärksten gebeutelten Branchen, hat nach der sehr erfolgreichen Bauma alle Prognosen deutlich nach oben angehoben. Liebherr, einer der Platzhirsche auf dem Messegelände in München spricht im eigenen Messeblog von deutlich übererfüllten Erwartungen. Inoffiziell ist davon die Rede, dass man ausverkauft sei.
Diese dynamische Entwicklung - egal wie nachhaltig sie sich gestalten wird - lässt sich auch unmittelbar an den steigenden Preisen für Rohmaterialien ablesen. Allein die Gusswerkstoffe wie Stahlschrott oder Roheisen sind in den letzten drei Monaten um über 20% gestiegen. Die Preise für Stahlschrott haben sich seit April 2009 von 0,24 EUR / KG auf 0,40 EUR / KG erhöht.
Einzelne Stahlhändler sehen sich schon wieder in den goldenen Zeiten des Booms aus 2008 angekommen. Zitat von letzter Woche:
"Wir verkaufen im Moment nichts. Ich warte ab. In der nächsten Woche werde ich dann noch reicher."
Wie reagiert der Einkauf sinnvoll auf diese Entwicklungen? Vertragsglück alleine ist in der Regel nur von kurzer Dauer. Langfristig werden die eigenen Lieferanten nicht in der Lage sein, Materialpreissteigerungen aus eigenen Ressourcen zu kompensieren. Und Rohmaterialproduzenten und -händler haben in allen letzten Boomphasen bewiesen, dass sie ihre eigenen Interessen durchsetzen können.
Transparenz ist schon einmal ein wichtiges Instrument, um Entscheidungen in Bezug auf Verhandlungen, Lieferantenportfolio und Warengruppenstrategie umzusetzen. Pleyma versendet hier zum Beispiel kostenlos monatlich einen Materialpreisrundbrief mit über 20 Notierungen. Die Preisentwicklung der letzten drei Monate und des Vorjahres wird dabei verglichen.
Entscheidend ist, was man daraus macht. Transparenz allein führt keine Verhandlung, überzeugt keinen Entwickler und verbessert auch keine Position beim Vorstand.

Sonntag, 4. April 2010

Raus aus der Schmuddelecke - Einkauf auf dem Vormarsch

Der Einkauf gerät langsam aber kontinuierlich in den Fokus der Geschäftstätigkeit industrieller Unternehmen. Nachdem es erste Vorstandressorts dafür gibt, die teilweise sogar politisch korrekt besetzt werden wird jetzt neuerdings auch die Rolle im Bereich Supply Chain Management aufgewertet. Die LOG.M@il (welch schöner Name) der Bundesvereinigung Logistik titelt dazu beispielsweise in der Nachricht Nr. 13 vom 01. April:
"Bei BMW verantwortet künftig der Einkauf die Versorgungsprozesse". Im weiteren wird beschrieben, warum dies aus Sicht der Bayern sinnvoll ist. So hat BMW "festgestellt, dass auf den bisher als Produktionssystem betrachteten Abschnitt der Wertschöpfungskette nur ein Fünftel Wertschöpfung entfällt." Und weiter: "...Das Einkaufsressort hingegen verantwortet nun die gesamte Versorgungsleistung, einschließlich Eigenfertigung und Qualitätssicherung." So was kann man wohl nur in der Krise machen. Das könnte allerdings tatsächlich dazu führen, dass nicht nur in der Produktion jedes Staubkorn auf der Suche nach mehr Produktivität umgedreht wird, sondern über den Einkauf auch strukturierter Investitionen in die Leistungsfähigkeit der Lieferkette getätigt werden. Wir hoffen das Beste - und dass das kein Aprilscherz ist...

Montag, 29. März 2010

Ehrbarer Kaufmann III

An dieser Stelle ist bereits mehrfach zum Thema Ethik und Moral im Einkauf, in der Wirtschaft und in Grenzen auch in der Beratung geschrieben worden, z.B. hier. Mit grosser Freude und auch ein wenig Häme konnte man zum Thema im Manager Magazin 4/2010 unter der schönen Überschrift "Das Butterbrot-Prinzip" lesen, wie "Deutschlands akademische Elite mit Nebengeschäften verdient". OK, Wildemann gehört dazu. Auch Raffelhüschen, Dudenhöffer, Opaschowski haben eigene Beratungsunternehmen. Aber andersrum wird eigentlich erst richtig ein Schuh daraus.
In der Einkaufs- und Supply Chain Management Beratung hat es sich in den letzten Jahren offensichtlich bewährt, die inhaltliche Vewertungskette weiter horizontal zu integrieren. Qualifizierung ist in diesen Bereichen ein Megathema (nicht ohne Grund), was liegt da näher, als eigene Institue zu gründen, zum Wohle der Forschung und Ausbildung? Brainnet macht es vor mit dem Kauf von SMG und der engen Zusammenarbeit mit dem Supply Chain Management Institute der European Business School (EBS) in Oestrich Winkel:
Durch unsere enge Zusammenarbeit mit dem Supply Chain Management Institute ist eine Wertschöpfungskette entstanden, zu der Forschung, Weiterbildung und Beratung ebenso gehören, wie die Ausbildung hochqualifizierter Fach- und Führungskräfte im Bereich Supply Chain Management.
Auch die Kollegen von Kerckhoff beteiligen sich an dem Hype:
Das Kerkhoff Competence Center of Supply Chain Management (KCC) am Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St. Gallen bringt Theorie und Praxis in Einkauf und Supply Chain Management zusammen.
Offensichtlich aber fällt es laut Manager Magazin den Kollegen von Brainnet und dem SMI nicht gerade leicht, gute Corporate Governance zu leben. Ob das zu dem Rollenmodell des ehrbaren Kaufmanns passt, dass zum WEF in von Prof. Jahns propagiert wurde? Und ob die integrierte Beraterwertschöpfungskette nicht am Ende zu zu wenig Vielfalt bzw. zu viel Soße führt?

Dienstag, 23. März 2010

Stahlproduktion zieht an - zurück zur Normalität oder zurück ins Chaos?

"Die Stahlindustrie in aller Welt feuert ... ihre Hochöfen immer stärker an." So beginnt die Meldung von Reuters vom 22.3. über die Rückkehr zu alten Höhen - immerhin offenbar die höchste Auslastung der Werke seit September 2008. Was auch immer das bedeutet, schließlich sagt uns diese Kennzahl auf der Einkaufsseite noch nicht, wie sich der Markt denn wirklich entwickelt und was jetzt die richtige Strategie ist. Wird sich das Verhalten von Rio Tinto in China bzw. die Beteiligung von chinesischen Investoren an Rio Tinto auf die Märkte auswirken? Wie viel ist im Markt wirklich noch von dem Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage abhängig? Oder ist das gesamte System durch die starken Schwankungen dermaßen aus dem Gleichgewicht geraten, dass es nur noch Überschwingungen in beide Richtungen geben wird? Die Situation wird auf jeden Fall nicht einfacher - zumindest ein Appell daran, ein hohes Maß an Transparenz aufzubauen. Auch wenn das den Markt nicht direkt ändert, es hilft aber, eine objektive Bewertung durchzuführen, inwieweit die Schwankungen jetzt in der Gesamtkostenwirkung wichtig für die eigene Lieferkette sind, oder ob man sich besser um andere Themen kümmert...

Sonntag, 28. Februar 2010

Brauchen wir 2020 eigentlich noch Einkäufer?

... hängt davon ab, würde ich sagen. Hängt davon ab, ob der Einkauf bis 2020 in der Lage ist eine wertbeitragende und nicht substituierbare Rolle in der Wertschöpfungskette zu definieren. Schafft er das nicht, finden wir vielleicht Innovationsmanager, Systembediener oder Beschaffer. Die Gestaltung des Systems findet dann woanders statt.
Würde dann etwas fehlen? Eher nicht. Die Welt wäre dadurch nicht schlechter, nur eben anders. Auf dem Weg dahin könnten wir aber einiges an Potential verlieren, wenn wir das vorhandene Systemverständnis des Einkaufs oder Supply Managements nicht nutzen. In der bevorstehenden Transformation der meisten Unternehmen (immer noch Globalisierung, aber auch Unsicherheit und neue Regeln für das Geschäft) können gut ausgebildete Einkäufer eine wichtige Rolle spielen. Nur hier ist das notwendige Verständnis darüber heute vereint, interne und externe Wertschöpfung zu vernetzen. Diese Aufgabe kann kaum von der Produktion (sieht in der Regel nur sich selber), dem Vertrieb (wird völlig falsch incentiviert) oder der Entwicklung (arbeitet troz aller Dementis immer noch vergangenheitsorientiert) im Ganzen erfüllt werden.

Erschreckend an dieser Stelle ist jedoch, dass nur wenige Einkäufer dieses Ziel strategisch bis 2020 verfolgen können. Strategie- und Systemverständnis sind über Powerpointmanagement hinaus kaum gegeben. Selten finden sich Führungsverantwortliche im Einkauf, die die Entwicklung ihrer Organsiation über einen Zeitraum von 6 Monaten im Systemzusammenhang planen und auch realisieren.
Einkäufer braucht also niemand. Aber qualifizierte Arbeiter am System schon. Und wenn diese intelligent an der Steuerung von Wertschöpfung arbeiten, könnten wir da ja in 2020 auch Einkäufer nennen.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Ehrbarer Kaufmann II

Da ist man sich in Davos beim World Economic Forum wohl sehr einig, dass die Debatte um eine neue / anderer / ernstere globale Wirtschaftsethik notwendig ist. Prof. Christopher Jahns, Präsident der European Business School hatte gleich zu Beginn des Jahres einen Global Sourcing Code gefordert, der an dieser Stelle bereits kommentiert wurde. Seine jugendhaften Mitstreiter vom Forum of Young Global Leaders, der Nachwuchsorganisation des WEF, gehen aktuell noch einen Schritt weiter.
Das Davoser Gelöbnis appeliert an die Verantwortung und die Vernunft jedes einzelnen Managers. Der Schwur wirkt stellenweise etwas kitschig und der Fokus auf die globale Elite der Leader nervt leicht. Spannend ist der Einsatz von Mitmachwebtechnologien wie YouTube, Twitter, Facebook und Co. Wer sich traut, kann seinen Schwur gleich mit der Kamera aufnehmen und mit Blut besiegelt online stellen. Wenn das für den einen oder anderen nicht später mal nach hinten los geht...
Ich schwöre auf jeden Fall schon mal...

Donnerstag, 21. Januar 2010

Strategie

Die Zeit vor und nach dem Jahreswechsel ist in der Regel gut geeignet, Einkäufer und Supply Chain Manager nach Ihren Plänen und Zielen für das kommende Jahr zu fragen. Von 2008 auf 2009 lautete krisenbedingt die gängige Antwort etwa wie folgt:
Keine Ahnung was noch alles kommt, erstmal geht es ums Überleben. Pläne machen wir für die Zeit danach und für eine Strategie haben wir keine Basis (weder in Einkauf oder SCM noch im ganzen Unternehmen).
Jetzt ist die Krise vorbei und man redet von einer neuen Realität. Trotzdem sind die Antworten ähnlich. Eine echte Strategie zum Beispiel für den Einkauf bekommt man sehr selten zu hören. Und damit meine ich natürlich nicht, dass der Einkauf in 2010 auch wieder die Kosten senken muss. Die Frage ist doch eben nur wie er das tun will und wie er seine Organisation dazu aufstellt, wie er seine Mitarbeiter entsprechend schult und führt, wie er die Schnittstellen zu internen Funktionen gestaltet und wie er sein Lieferantenportfolio entwickeln will. Tatsächlich geht es doch nicht um die Kostensenkung heute sondern um die Wettbwerbsfähigkeit der Lieferkette bzw. der Wertschöpfung in 3 - 5 Jahren.
Zu dieser Aufgabenstellung fehlen schlicht Antworten und Methoden, eine Strategie erstens zu entwickeln und zweitens auch zu Resultaten zu führen. Wenn Einkauf und SCM weiter so arbeiten, dann wird es nichts mit der verbesserten Wahrnehmung des Einkaufs im Management.
Ein wesentlicher Grund dafür ist sicherlich ein fehlendes Verständnis des "Systems" Einkauf / Supply Chain Management. Tatsächlich ist die Frage, wofür der Einkauf und die Supply Chain im Unternehmen stehen, in der Regel unbeantwortet. Gängige Linear-kausale Management-Modelle zum Beispiel in klassischen Prozesshäusern geben diese Antwort nicht. Lösungen werden sich erst finden, wenn kybernetische Lösungsmodelle genutzt werden.

Dienstag, 5. Januar 2010

Der Supply Chain Manager als ehrbarer Kaufmann...

In Hamburg gibt es seit 1517 als Institution der kaufmännischen Selbstverwaltung die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e. V.  Diese sollte ursprünglich „alles Notwendige zu des Kaufmanns Nutzen fördern und Nachteile verhüten“. Aus Ihr entstanden über die Zeit z.B. die Hamburger Börse und sie war auch der Vorgänger der heutigen Handelskammer Hamburg. Das aktuelle Leitbild dieser traditionsreichen Vereinigung Hamburger Pfeffersäcke bewertet die Frage von angemessenem wirtschaftlichen Erfolg unter anderem so:
Rücksichtsloses Verhalten von Unternehmern oder Managern akzeptiert die Gesellschaft nicht. Dauerhafte Anerkennung erhält die Unternehmerschaft nur dann, wenn der individuelle Gewinn im Einklang mit der Leistung für Unternehmen und Gesellschaft steht.
Grob vereinfacht heist das also rücksichtsloses Verhalten ist OK, es sei denn man wünscht sich Anerkennung von der Gesellschaft. Echte ethische Grundsätze sehen anders aus auch wenn der kaufmännische Trieb der Hanseaten Hamburg zu einer weltoffenen, reichen und erfolgreichen, stellenweise auch gerechten Stadt gemacht hat.

Prof. Christopher Jahns, Präsident der European Business School, fordert in einem aktuellen Interview der Wirtschaftswoche neben "Mehr Fairness" und unter Verweis auf eben jenen ehrbaren Kaufmann:
"Wir brauchen einen Global Sourcing Code, der die Gebote der Nachhaltigkeit in den Köpfen der Einkäufer verankert."
ach so... Aber wäre es nicht hilfreich, zunächst die Gebote der Nachhaltigkeit in den Köpfen der Unternehmensleitung zu verankern? In der überragenden Anzahl der Unternehmen ist Supply Chain Management den anderen grossen Systemen Kundenbeziehungsmanagement und Produktlebenszyklusmanagement in Bezug auf Wahrnehmung und Relevanz deutlich nachgelagert. Für die Strategieentwicklung gilt das noch mehr.
Fairness ist eine gute Idee. Ein Global Sourcing Code ohne Global Sales Code oder Global Lifecycle Code ist nicht mehr als die nächste Sau im globalen Beraterdorf. Was tatsächlich fehlt ist die Debatte über Fairness oder über ein globales Wirtschaftsethos wie Sie zum Beispiel derzeit vom Theologen Hans Küng in der Zeit geführt wird. In dieser Diskussion können Einkäufer und Supply Chain Verantwortliche einen Beitrag leisten und vielleicht sollten Sie es auch stärker tun, bevor Prof. Jahns und Brainnet das für uns alle machen.
Ach so, der Unterscheid zwischen einem ehrbaren Kaufmann aus Bremen und dem aus Hamburg? Beide würde Ihnen Ihre Grossmutter verkaufen - der Hamburger Kaufmann würde sie sogar pünktlich liefern.